Berghau


Freitag 10. November um 16.00 Uhr
Lesung mit der Schriftstellerin Angelika Waldis

Berghau

Berghau – so heisst die abgelegene Hütte, in der zehn Menschen eingesperrt sind, derweil rundum vom Berg Stück um Stück ins Tal donnert. Ein Abstieg ins Dorf ist nicht mehr möglich. Die Eingesperrten können einander nicht entkommen. Das Eingeschlossensein ist als literarisches Motiv nicht neu. Neu ist der Einschliesser: der Klimawandel. Der Permafrost taut, der Berg rutscht. Und es rutscht auch das nette Bild, das sich die Eingeschlossenen von sich selber machen. In Panik und Enge wachsen Arroganz, Wut und Begierde. Zwei Tage und zwei Nächte dauert das Warten auf den rettenden Hubschrauber. Nicht alle schaffen es auf den Flug in die Freiheit.

Angelika Waldis: Berghau. Atlantis Verlag, Zürich 2023

 

 

 

 

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Angelika Waldis

 

Angelika Waldis ist am 3. März 1940 geboren, wohl nicht so erwünscht, Kriegszeit, der Vater als Oberstbrigadier dauernd abwesend. Immerhin Sonntagskind. Die Schwester ist sechs Jahre älter, wird ihr immer voraus sein und darum bewundert. Jahrelang wartet Angelika, bis sie das Komma-Kleid von Verena endlich erben kann, ein hellblaues Kleid, bedruckt mit farbigen Kommas. Es ist ein grosses, eher düsteres Haus, in dem sie wohnen, und eine unstimmige, eher unheitere Familie, in der sie leben.  Vater ist vierundzwanzig Jahre älter als die Mutter, ein stolzer und verletzlicher Mann. Die Mutter bemüht sich um Frohheit und Normalität. Angelika, genannt das Meiteli, flieht bald mal in eine eigene Welt, unter Tischen, unter Büschen. Die Schule macht ihr weder Mühe noch Freude, ist eine graue Suppe. 
Als der Vater stirbt, ist Angelika zwanzig, die Schule ist fertig, eine Seite im Lebensbuch wird umgelegt.  Sie wird umgelegt von einem Mann, der ihre große Liebe wird und es für immer bleibt. Er ist äußerlich wie innerlich ein schöner Mensch, und er erlaubt sich, stets unkonventionell zu denken, das gefällt ihr, auch dass er witzig ist, das vor allem. Studieren an der Universität Zürich gibt sie nach fünf Semestern auf. Der Titel ihrer ersten und letzten Seminararbeit heißt »Poetic diction in the eighteenth century«, sie denkt, eigentlich geht mich das gar nichts an, ich schreibe lieber was übers Hier und Jetzt und versucht sich als Journalistin. Der Mann und sie heiraten und bekommen auch gleich ein Kind, der Mann erschrickt ein bisschen, man braucht dich ja bloss anzufassen, und schon bekommst du ein Kind, sagt er. Der Mann heißt Otmar Bucher, mit ihm zusammen macht sie einen Sohn und eine Tochter und weitere wunderbare Erfahrungen, auch allerlei Reisen sowie eine Jugendzeitschrift namens Spick, zwanzig Jahre lang. Sie schreibt.

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